Insulinpumpe – Mein Fazit nach drei Monaten.
Neulich bekam ich eine Nachricht von einem Leser, in der ich nach meinen Erfahrungen mit der Pumpe gefragt wurde. Ein guter Anlass um nach knapp drei Monaten Pumpe ein erstes Fazit zu ziehen.
Das tägliche Handling
Gerade am Anfang war es schon ungewohnt, denn einige Dinge in meinem zuweilen doch sehr eingefahrenen Diabetiker Alltag änderten sich nun. Zunächst war da die Sache mit den Pens die ich ja nun die letzten Jahre Tag für Tag mit mir rumgeschleppt hatte. Egal wo ich auch war, meine Insulinpens waren (meist :-)) immer dabei. Nachdem ich nun die Pumpe bekommen habe liegen diese quasi als Notfalloption, falls die Pumpe mal ausfallen sollte, zu Hause rum. Da ich nunmal ein Mensch bin der nicht ständig eine Tasche mit sich führt und alles nötige lieber “am Mann” trägt, bin ich natürlich froh die sperrigen Dinger los zu sein. Aber es dauerte eine Weile bis ich mich an diese Tatsache gewöhnt hatte. In den ersten Tagen hatte ich ständig das Gefühl etwas vergessen zu haben. Manchmal fehlte mir das sperrige Etui mit den Pens fast etwas. Ähnlich verhielt es sich mit meinem Basal Ritual. Zuletzt hatte ich jeweils morgens und abends um 11 bzw. 23 Uhr mein Basalinsulin gespritzt. Auch das fiel nun weg und es dauerte eine Zeit bis auch die in mein Handy einprogrammierten Alarme und Wecker dafür elemenierte. An die Stelle der Pens war nun also meine Animas Vibe getreten, welcher von nun an meine Aufmerksamkeit gelten sollte. Und somit hatte ich einiges neues zu lernen. Angefangen beim Katheter setzen, über Reservoir mit Insulin füllen, Reservoir wechseln, Schlauch füllen bis hin zur eigentlichen Insulinabgabe. Das waren also meine neuen Rituale die mir nach und nach auch in Fleisch und Blut übergingen, so wie vorher der Wechsel einer Pen Nadel oder einer Insulin Patrone.
Komfortabel oder nicht ?
Vielen ist die Vorstellung ständig durch einen Schlauch mit einem Gerät verbunden zu sein ja ein Graus. “Stört dich das nicht ??” oder “bleibt man damit nicht ständig irgendwo hängen oder reisst es sich versehentlich raus??” sind häufige Fragen die ich gestellt bekomme. Dazu kann ich folgendes sagen. Klar gerade am Anfang wenn noch alles neu und ungewohnt ist, schenkt man dem neuen Begleiter mehr Aufmerksamkeit als eigentlich nötig wäre. Doch schon nach wenigen Tagen merkt man gar nicht mehr das man eine Pumpe trägt. Eigentlich tritt sie für mich nur noch in Erscheinung wenn ich einen Bolus abgeben will oder sich die Vibe mit irgendwelchen Alarmen zu Wort meldet. Ansonsten schlummert sie in meiner Hosentasche oder am Gürtel vor sich hin und tut das was eine Insulinpumpe tun soll. Insulin pumpen. Gegenüber der ICT ein definitiver Gewinn an Freiheit / Lebensgefühl. Mag komisch klingen aber ich empfinde es so. Auch wenn einem das ICT Prozedere noch so in Fleich und Blut übergegangen ist, war es doch immer ein wenig lästig. Blutzucker messen, Bolus berechnen, Bauch freilegen, Pen laden, spritzen und danach den ganzen Krempel wieder wegpacken. Bis zum nächsten mal. Mit der Pumpe bleibt einem das Blutzuckermessen zwar auch nicht erspart, aber alles danach ist mit wenigen Tastendrücken erledigt.
Die Auswirkungen der Pumpe auf die Blutzuckerwerte
Ein Leser meines Blog´s schrieb mir vor kurzen unter anderem folgendes:
Du bist ja noch frisch genug dabei, um noch direkt mit ICT vergleichen zu können. Mich würde vor allem die Auswirkungen auf deine BZ-Werte interessieren – hast du jetzt weniger Hypos/Hypers als vorher? Ist dein BZ-Verlauf ein Brett, das durch nichts aus der Ruhe gebracht werden kann? Hast du das Gefühl, du kannst “einfacher gesund” leben als unter ICT? Oder ist die Pumpe nur eine andere Methode zur Verabreichung von Insulin, was aber letztlich genauso zu den altbekannten Problemen und Ausreissern führt (mein Diaberater sprach mal von der Pumpe als einem “Lifestyle”-Produkt)?
Nach dem Umstieg auf die Pumpe und der Einstellung und Anpassung der Basalrate, stellte ich relativ schnell fest, dass sich meine BZ Werte nun viel viel (!) öfter im Normalbereich befinden. Werte > 240 mg/dl, wie sie vorher an der Tagesordnung waren, kommen nur noch selten vor. Natürlich gibt es hin und wieder Aussreisser nach oben, aber diese lassen sich meist erklären. (zu wenig gespritzt bzw. unbekanntes Essen). Mit Hypos habe ich auch deutlich weniger zu kämpfen. Meine Diabetes Beraterin wies mich darauf hin dass sich mein Insulinbedarf unter der CSII wahrscheinlich verändern wird, da der Körper durch die ständige Zufuhr von Insulin empfindlicher darauf reagiert.
Daher wird an der Basalrate wahscheinlich noch mal was geändert werden.
Ein anderes Problem unter der ICT waren ja die unerklärlich hohen Nüchternwerte am Morgen. Egal mit welch hervorragendem Wert ich Abends ins Bett gegangen bin, der nächste Tag begann selten unter 300 mg/dl. Stichwort Dawn Phänomen. Durch nächtliche Basalratentests wurde meine Basalrate an diese Tatsache angepasst, sodass ab 4:00 Uhr in der Nacht mehr Insulin abgegeben wird. Und seitdem sind die Werte am Morgen geradezu vorbildlich zwischen 90 und 120 mg/dl. Alleine dafür hat sich der Kampf um die Pumpe mehr als gelohnt.
Insgesamt kann ich sagen dass meine BZ Verläufe nun drastisch flacher sind als vorher. Einen BZ Verlauf, der flach wie ein Brett und durch nichts aus der Ruhe zu bringen ist, zu erwarten wäre meiner Meinung nach auch falsch. Mein Leben läuft nunmal nicht jeden Tag gleich ab und somit ist auch der BZ Verlauf nicht immer der selbe. Durch die Pumpe bin ich aber in der Lage meine Insulinversorgung viel flexibler an meine Bedürfnisse anzupassen als es mit der ICT jemals möglich wäre. Eine Pumpe als “Lifestyle” – Produkt zu sehen ist meiner Meinung nach eine ziemlich oberflächliche Betrachtungsweise. Sie trägt enorm zur Verbesserung meiner Lebensqualität und meiner Blutzuckereinstellung bei. Dennoch ist auch eine Pumpe keine Wunderwaffe, sondern in meinen Augen vielmehr ein Werkzeug zur BZ Optimierung. Und wie auch bei anderen Werkzeugen gilt hier: “Man muss es zu benutzen wissen”. Der tollste und beste Hammer nutz dir nichts, wenn du nicht weisst an welchem Ende du ihn anpacken sollst. Letztendlich muss jeder für sich entscheiden welches für ihn das geeignete Werkzeug ist. Aber wer würde z.B Laubsägearbeiten mit einer Kettensäge (ICT) ausführen wenn es doch dafür wesentlich besser geeignete Laubsägen (CSII) gibt. ???
Lange Rede, kurzer Sinn – Es ist nicht so dass mit der Pumpe automatisch schlagartig alles besser wird und man sich um nichts mehr kümmern muss. Die Bereitschaft sich immer wieder mit seinem Diabetes auseinander zu setzten und soviel wie möglich darüber zu lernen ist auch mit einer Insulinpume Grundvorraussetzung.
Stefan
16. Mai 2014 @ 13:50
Hallo Sascha,
habe schon gespannt auf den Bericht gewartet, da wir ja fast zeitgleich auf die Pumpe umgestellt wurden. Deine Ausführungen würde ich alle so unterschreiben. Läuft bei mir exakt genauso .
Das Thema mit dem Schlauch hatte ich auch schon öfter. Natürlich ist es für einen Nicht-Diabetiker schwer vorstellbar ständig einen Schlauch mit einer Pumpe am anderen Ende an sich zu tragen. Aber aus Sicht eines Betroffenen sage ich immer, dass der eigentliche Schlauch der Diabetes an sich ist und nicht das Kunstoffteil zwischen mir und der Pumpe. Der ist wirklich ein sehr vernachlässigbares Übel, wie ich finde.
Meine Pumpe gebe ich freiwillig nicht mehr her.
VG
Stefan
Übrigens, habe meinen Blog heute released. Leben-mit-typ1.de
Jan
19. Mai 2014 @ 14:17
Hallo Sascha,
erstmal Gratulation das du den Kampf um die Pumpe so konsequent durchgehalten hast.
Ich hatte vor einigen Jahren für 1-2 Jahre eine Insulin-Pumpe (Accu-Check Spirit), habe sie dann aber abgegeben, da meine Werte nicht der Knaller waren, was aber wohl mehr an meiner Einstellung zum Diabetes lag.
Es gab aber 2 Dinge die mich wirklich an der Pumpe gestört haben. Als erstes die Umfüllerei vom Insulin. Als ich mich jetzt mal wieder mit dem Thema beschäftigt habe, um evtl. einen zweiten Anlauf zu starten hat mir deine Pumpe schonmal gut gefallen. Nur das recht kleine Reservoir von 2 ml Insulin sieht für mich problematisch aus. Wie kommst du mit der Umfüllerei und der Menge klar?
Mein zweites Problem waren auf Dauer die Pflaster. Irgendwann war durch den Pflasterkleber die Haut immer mehr gereizt. Hast du da auch Probleme oder greifst du auf Hilfsmittel wie Pflasterlöser zurück?
In einem der letzten Beiträge hast du eine andere Pumpe von Ypsomed vorgestellt. Wie würdest du sie im Vergleich mit deiner aktuellen Pumpe bewerten? Gerade die vorgefüllten Ampullen wären für mich schonmal ein großer Vorteil, die einzige mir bekannte Pumpe die das aktuell schon anbietet ist die Accu-Check Combo, wobei es da auch nur ein Insulin gibt.
Bin gespannt ob mir meine Krankenkasse einen zweiten Versuch mit einer Pumpe gewährt. Ist ja schon ein paar Jahre her, aber die Probleme mit den Morgendämmerungs-Werten sind noch immer sehr stark. Früher gab es wenigstens noch Semilente was ein Klasse Basal-Insulin zur Nacht war und wo weder Levemir noch Lantus auch nur im Ansatz rankommen. Mein erster Antrag dauerte damals übrigens etwa einen Monat, vom ersten Besprechen mit meiner Ärztin, bis ich die Pumpe an mir hatte. Aber da sollen die Krankenkassen ja generell in den letzten Jahren stark auf die Bremse getreten sein.
Weiterhin alles Gute!
Jan
sugartweaker
19. Mai 2014 @ 15:54
Hallo Jan,
ich stimme dir zu, das befüllen des Reservoir ist zu manchmal etwas nervig aber in der Regel komme ich gut damit klar. Im Moment benötige ich so alle 2 bis 2,5 Tage eine neue Füllung. Und mittlerweile geht das auch recht zügig von der Hand. Mit den Pflastern habe ich bisher keinerlei Probleme. Ich achte halt darauf das ich die Katheter nicht zu lange trage. Nach zweit Tagen wird gewechselt. Die Ypsopump die ich hier letztens kurz vorgestellt habe ist ja noch nicht auf dem Markt, daher kann ich dir da keinen direkten Vergleich anbieten. Diese wird aber vorgefüllte Reservoirs verwenden.
LG Sascha
klaeui
26. Mai 2014 @ 19:58
Zuerst habe ich mich ja vehement gewehrt mit einer Pumpe in mein Diabetesleben zu starten. Unterdessen würde ich mein Pumpe nicht mehr hergeben wollen.
Mit dem Schlauch irgendwo hängen bleiben passiert mir hin und wieder mal. Da aber weder die Pumpe, der Schlauch noch der Katheter gleich Schaden nehmen ist halt nur eine kleine Erinnerung daran, dass der Schlauch etwas mehr versorgt werden sollte.
Lindler Franz
25. Februar 2019 @ 16:59
Ich habe seit ca. 18 Jahren die Pumpe Minimed 640G
Ich habe derzeit ein grosses Problem mit den Katheter, Quick Set 6mm, mit 56 kg Körpergewicht nach sehr schwerer Grippe mit Lungenentzuendung bekomme ich den BZ nicht mehr in den Griff
Das kathetersetzen wird zur Tragoedie, da ich meistens mind. 2 brauche, entweder bluten oder Schmerzen und Folge die WErte steigen bis 450mg an , ich weiss nir keinen Helfer Mehr, was kann ich tun
Thema Krankenkasse sind wir Diabetiker Typ1 Stiefkinder, es fing bei mir an dass ich mehr Testreifen gebraucht
habe, die KGKK sagt weniger oft messe, dann kommen Sie aus, dasselbe bei den Katheter
Ich habe schon 46 Jahre Diabetes Typ1, aber so schlecht wie jetzt nach dieser schweren Grippe ging es mir noch nie, man bekommt in Österreich dabei auch keinerlei Ubterstuetzung, habe Gott sei Dank das LKH Laas
Franz, 25.Feb.2019