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ATTD2018: Do it like Roche – Öffne dich selbst und öffne deine Protokolle.

ATTD2018

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Do it like Roche Öffne dich selbst und öffne deine Protokolle

Am Aschermittwoch  durfte ich auf Einladung von Roche zum ATTD2018 Kongress reisen, um dort am diesjährigen #RocheDiabetesMeetup teilzunehmen. Roche veranstaltet diese Meetups seit einigen Jahren meist im Umfeld der großen Kongresse wie dem EASD oder dem ATTD.
Ziel dieser Meetups ist es den Dialog zwischen der Diabetes Community und Roche zu fördern und gemeinsam neue Lösungen für Menschen mit Diabetes zu erarbeiten.

Ein willkommene Gelegenheit um den Karnevalstreiben hier zu entfliehen. Bevor nun Prinz Heiko und sein diabetisches Dreigestirn wieder einmal lauthals „Mann, merkst du denn, nicht dass dich die Firma nur als billige Werbemassnahme missbraucht und dich subtil manipuliert in dem sie dich einlädt?“ in ihre Social Media Abflusskanäle brüllen, möchte ich ein paar Sätze dazu verlieren.

Ja, meine Reisekosten nach Wien wurden inklusive zwei Übernachtungen von Roche übernommen. Klar, wurden auch Roche Produkte präsentiert (im diesem Jahr war es das Eversense XL) und das finde ich auch gar nicht verwerflich. Richtig ist auch, dass wir einen Einblick in aktuelle Entwicklungen bekommen haben und nach unserer ehrlichen Meinung gefragt wurden. Wie man sich vielleicht denken kann, entwickelt so etwas schnell eine eigene Dynamik, denn eine Gruppe bestehend aus mehr als 30 Diabetes Advocates / Aktivisten / Blogger / Influencer aus verschiedenen Ländern (Italien, Belgien, Australien, Schweden, Türkei, England), ist selten einer Meinung. Und das ist der Moment an dem es spannend für Roche und ihre Produktentwickler wird. Denn wo erfährt man mehr über die Bedürfnisse und Befindlichkeiten seiner „Kundschaft“ als in einer leidenschaftlich und zuweilen auch kontrovers geführten Diskussion. Besonders ergiebig wird eine solche Diskussion, wenn alle Teilnehmer in der Lage sind, sich und die eigene Meinung zwar zu vertreten aber auch einmal zurückzustellen und offen gegenüber anderen Standpunkten oder Sichtweisen zu sein. Wenn man dazu allerdings schon online nicht  in der Lage ist, macht eine Teilnahme an solch einem Event nicht wirklich Sinn. Weder für den Hersteller noch für die Teilnehmer. So viel zur Auswahl der Teilnehmer.

Was auf dem Diabetes Meetup geschah, wurde ja bereits von vielen der anwesenden Blogger berichtet. Hier eine Auswahl der Blogposts:

Saskia

diafeelings

Oscar

JEDI AZUCARADO

Cathy

AAN TAFEL MET TYPE 1 DIABETES

Lea

Insulea

Um den Leser und vor allem Prinz Heiko nicht zu langweilen, werde ich hier nun nicht noch einmal über das Meetup berichten und das Augenmerk auf eine andere Nachricht lenken möchte, die mein persönliches Highlight des ATTD war.

ATTD2018 : Roche unterstützt die Open Protocol Initiative der JDRF

Am Freitagmorgen den 16.02.2018 während viele Kongressteilnehmer noch mit den Nachwirkungen der grandiosen mySugr Monster Party am Vorabend zu kämpfen hatten, fand auf dem ATTD das Roche Symposium statt. Neben anderen Themen verkündete Dr. Marcel Gmünder (Global Head of Roche Diabetes Care) daß Roche zukünftig die Open Protokolls Initiative der JDRF unterstützen wird.

Im Oktober letzten Jahres hatte die JDRF seine Open Protocol Initiative angekündigt und forderte Gerätehersteller auf, ihre Kommunikationsprotokolle zu öffnen, um die Entwicklung und Einführung von Pumpensystemen mit künstlichem Pankreas (Closed Loop ) zu erleichtern.

Und alle so Yay….. und was ist daran nun so awesome ?

Um zu verstehen, warum das für uns Diabetiker eine wichtige Entscheidung ist bedarf es ein wenig Hintergrundwissen.

Die Open Protocol Initiative der JDRF

Closed Loop System oder die künstliche Bauchspeicheldrüse sind ja schon seit Jahren das Objekt der Begierde und werden als The next Big Thing oder der heilige Gral der Diabetologie gehandelt oder auch gehyped. Beim Endanwender ist davon allerdings bisher recht wenig angekommen. Kommerzielle und offiziell zugelassene Systeme gibt es bisher wenige. Medtronic bewirbt zwar seine 640 G als erstes kommerzielles Closed Loop System, in Wahrheit ist das aber eine recht hochtrabende Bezeichnung. Denn viel mehr als eine Hypovorabschaltung hat sie nicht zu bieten. Auch der Nachfolger die 670 G (in Deutschland noch nicht am Markt) liegt in punkto Funktion und Innovation weit hinter den Open Source und DIY Systemen zurück. Diese sind aber reine Selbstbau Lösungen und nicht offiziell zugelassen. Wenn man solche Systeme einsetzt, befindet man sich also in einer rechtlichen Grauzone. Das grobe Problem ist vor allem die Haftungsfrage. Also was passiert, wenn mal was passiert? Wer haftet und wer kommt für einen eventuellen Schaden auf? Kurz gesagt ein Dilemma.

Vereinfacht gesagt sieht die Situation so aus:

Die Open Source Community ( We are not waiting ) zeigt eindrucksvoll, was mit heutiger Technik möglich ist und die Ergebnisse sprechen für sich. Allerdings hat sie das Problem daß die am Markt erhältlichen Komponenten, aus denen ein Closed Loop System besteht ( CGM, Insulinpumpe und Controller bzw. Smartphone, auf dem der Algorithmus läuft) nicht miteinander kommunizieren können. Das liegt zum großen Teil daran, dass die Kommunikationsprotokolle ( so sie denn überhaupt existieren) von den Herstellern unter Verschluss gehalten werden. Nicht zuletzt wegen der ungeklärten Frage der Haftung. Die Open Source Entwickler müssen also einen immensen Aufwand betreiben, um die Protokolle zu entschlüsseln (Reverse Engineering ) oder zu hacken wie man es im allgemeinen Sprachgebrauch gerne nennt. Würde dieser Aufwand wegfallen und es z. B. mehr extern steuerbare Devices geben, würde die Entwicklung von Closed Loop System deutlich schneller vorangehen.

Auf der anderen Seite stehen die kommerziellen Hersteller von Medizintechnik. Natürlich würden sie sicher auch gern solche Systeme bauen, werden aber durch Gesetze und Regulatorische Vorschriften sowie sehr langwierige Genehmigungsverfahren ausgebremst. Auch der finanzielle Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Wir reden hier von Wirtschaftsunternehmen die ganz klar abwägen müssen, ob sich eine solche Investition lohnt.

Die Dritte Komponente ist der Endanwender solcher Systeme und dessen immer lauter werdenden Ruf nach modularer Diabetes Technologie. Lösungen von der Stange kontra individuell auf den Nutzer und dessen Leben zugeschnittene Lösungen.

Erfreulicherweise haben einige Hersteller den Trend der Zeit erkannt und wagen ein wenig mehr Offenheit. Als Beispiel sei hier der koreanische Hersteller SOIL genannt, der das Kommunikationsprotokoll seiner DANA RS Insulinpumpe relativ offenlegt und somit einen Schritt auf die Open Source Entwickler zu geht. Oder auch Dexcom als CGM Hersteller der Entwicklern über eine API ( Application Programming Interface ) Zugriff auf die CGM Daten gestattet.

Und genau an diesem Punkt setzt die Open Protocol Initiative der JDRF an.

Ziel dieser Initiative ist es mehr Hersteller dazu zu bewegen Devices zu entwicklen, die über eine offene, sicherere und gut dokumentierte Schnittstelle extern steuerbar sind.

Hierzu nennt die JDRF ein paar Beispiele:

  • Eine Insulinpumpe, die über eine sicheres drahtloses Protokoll (z. B. Bluetooth LE oder ähnliches Protokoll) gesteuert werden kann.
  • Ein CGM, das über ein sicheres drahtloses Protokoll kommunizieren kann.
  • Eine Handy-basierte Anwendung (App) mit der Fähigkeit zur Kommunikation mit einer Insulinpumpe und CGM über ein sicheres drahtloses Protokoll.
  • Ein spezialisiertes, separates Gerät mit der Fähigkeit, mit einer Insulinpumpe und CGM zu kommunizieren über ein sicheres drahtloses Protokoll. Bei diesem Ansatz muss das separate Gerät auch mit einer Handy-basierten App kommunizieren oder anderweitig die Insulinabgabe der Insulinpumpe steuern können.
  • Andere innovative Lösungen werden in Betracht gezogen

Die JDRF wird im Gegenzug Bemühungen in den Vereinigten Staaten und weltweit starten, um zusammen mit Regulierungsbehörden und Rechtsexperten, vorhersagbare Genehmigungswege für Systeme zu etablieren, die eine sichere und auf offenen Protokollen basierende Steuerung durch kommerziell entwickelte Geräte und Software ermöglichen. JDRF wird mit dem Antragsteller zusammenarbeiten, um einen Haftungsbeschränkungsrahmen zu entwickeln, der der Tatsache Rechnung trägt, dass der externe Controller für Entscheidungen über die Insulinabgabe verantwortlich ist.

Stark vereinfacht bietet die JDRF damit ein Fundament um einerseits, es den Herstellern zu erleichtern Geräte mit offenen Schnittstellen zu entwickeln und gleichzeitig die Haftung für den Hersteller so weit einzuschränken wie er sie tatsächlich zu verantworten hat. Auf der anderen Seite profitieren die Open Source Community oder App Entwickler von der Vereinfachung durch die offenen Protokolle zur Steuerung der Geräte. Mehr Informationen zur Open Protocol Initiative findet ihr hier.

Hinter´m Horizont gehts weiter

Die Tatsache, dass Roche nun die Open Protocol Initiative unterstützt, lässt darauf hoffen daß die nächsten Insulinpumpen oder CGM Systeme aus dem Hause Roche mit offenen Protokollen daherkommen und sich somit einfacher in kommerzielle oder DIY Closed Loop Systeme integrieren lassen.
Auch wenn es sicher noch eine Weile braucht, bis ein gemeinsames Herstellerübergreifendes Protokoll geschaffen wird, ist dieser Schritt des ja nicht gerade für seine enorme Wendigkeit bekannten Tankers Roche erschreckend innovativ und erweckt den Anschein, dass irgendwo im Hause Roche der Groschen (heute sagt man wohl Bitcoin) gefallen ist. Man darf gespannt sein wie sich nun die anderen Hersteller positionieren werden. Ein Closed Loop System bestehend aus einem Dexcom CGM und einer Ypsopump gesteuert über eine iPhone App oder aber ein Eversense CGM das über eine Smartwatch eine 699G oder Dana RS steuert. Entdecke die Möglichkeiten. Hach, man wird ja wohl mal träumen dürfen.